Das Leben und die besten Geschichten

10. Juni 2007 at 20:07 (Spezifisch, Unspezifisch)

Einem beliebten Volksglauben zufolge schreibt das Leben die besten Geschichten. Das stimmt nicht ganz. Das Leben schreibt überhaupt nichts. Schreiben muss man immer noch selbst. Was dann noch übrig bleibt, ist die Erkenntnis, dass das Leben als Inspiration für den Schreiber dient. Das ist trivial. Natürlich tut es das: was denn auch sonst? Okay, ich gebe es zu, das war reine Rhetorik.

Die Aussage des Spruchs zielt ja darauf ab, dass das Leben weit bessere Geschichten parat hält als die Schreiberlinge. Aber auch das ist wenig aussagekräftig. Kommt halt auf die Definition von ‚Geschichten’ an, und natürlich auf die persönliche Wahrnehmung des Lebens. Und wem es bei letzterem an Phantasie mangelt, der lässt sich von den Autoren zeigen, wie eine gute Geschichte aufgebaut zu sein hat. Anschließend findet er diesen Aufbau dann, o Wunder, auch in der Realität. Oder sagen wir mal: er wendet die erlernten Strukturen auf die Realität an (hört sich schön an, nicht?). Und das, was dabei herauskommt ist persönlicher und na ja, realistischer als der Roman xy. Wo ist der Witz? Geschichten schreiben die Schreiberlinge. Leben liest der Leser (oder: Lesen lebt der Leser?). Auf einen einzigen Satz komprimiert: es liegt (alles) im Auge des Betrachters. Ich liebe diesen Satz.

2 Kommentare

  1. Scheibster said,

    Viele Geschichten, die ich erlebt habe, würde geschrieben jeder für melodramatischen, undrealistischen Schund und Kitsch halten.

    Die Wahrheit wie das Leben geben oft nur optimiert auch gute Geschichten ab. 🙂

  2. gnaur said,

    Das ist wie mit Sonnenuntergängen. Es gibt so unglaublich schöne, dass jedes Foto und erst recht jedes Gemälde einfach nur kitschig aussehen. Inhalt und Abbildung…

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